Die integrative Gestalttherapie
Die integrative Gestalttherapie geht davon aus, dass der Mensch seine Wahrnehmung nicht als Summe von Einzelerfahrungen zur Realität verschmelzen lässt, sondern Elemente von Eindrücken zu „Gestalten“ bündelt. Verhalten, Einstellung und Emotionen resultieren also nicht aus einzelnen Reizen, sondern aus Figuren, welche das Individuum kreiert. In Abhängigkeit von Erfahrungen und dem individuellen Erleben treten dabei Teile der Wahrnehmung in den Vordergrund, andere in den Hintergrund. Wirklichkeit und Realität werden somit individuell konstruiert.
Wurzeln der integrativen Gestalttherapie
Die integrative Gestalttherapie ist auf die beiden Psychoanalytiker Fritz und Lore Perls zurückzuführen, beeinflusst auch durch den Pädagogen Paul Goodman. Im Anschluss an ihre durch den Nationalsozialismus erzwungene Emigration integrierten die Perls experimentelle und kreative, teils künstlerische Elemente in die klassische Gestalttherapie. Expressionismus als Ausdruck des Inneren nach außen wurde in verbaler, bildender und darstellender Form Bestandteil der Gestalttherapie. Die Integration von diesen Elementen, aber auch von theoretischen Ansätzen anderer Disziplinen ließ die klassische Gestalttherapie zur integrativen Gestalttherapie werden.
„Will man etwas Schweres bewältigen, muss man es leicht angehen.“
Bertolt Brecht
Der Mensch aus der Perspektive der integrativen Gestalttherapie
Der integrativen Gestalttherapie liegt eine phänomenologische und holistische Perspektive auf den Menschen zugrunde. Er wird in allen seinen Facetten als Gesamtheit betrachtet. Dazu zählen nicht nur verbal ausgedrückte Emotionen, Traumata oder entwicklungspsychologische Wurzeln von Verhalten und Befindlichkeit, sondern insbesondere unmittelbares Erleben der Umwelt, Gestik, Mimik, Kleidung, und Relation zur Umwelt.
Der Mensch ist aus der Perspektive der integrativen Gestalttherapie in seinem Ursprung zur Selbstverantwortung begabt, auf Beziehungen zu anderen Menschen und seiner Umwelt, sowie auf Entfaltung seines eigenen Potenzials ausgerichtet.
Psychische Leidenszustände resultieren aus Störungen von Prozessen der Entfaltung dieses Potenzials im Zuge seiner Entwicklung. Diese Störungen sorgen für die Unterdrückung von Teilen der Persönlichkeit, von Emotionen und der Fähigkeit zum Aufbau wachsender Beziehungen.
Methodik der Gestalttherapie
Die integrative Gestalttherapie verfolgt dabei den Ansatz, im „Hier und Jetzt“ Beziehungen des Menschen zu seiner Umwelt bewusst zu erleben und zu gestalten. Aktuelle Emotionen, Wünsche und Wahrnehmungen stehen dabei im Vordergrund. Sie bilden die Erlebniswelt als kreative Leistung des Individuums ab, welche allerdings auch immer im Zusammenhang mit vergangenem Erleben steht. Diese individuelle gegenwärtige Wahrnehmung gibt Aufschluss über blockierte und unterdrückte Entwicklungsprozesse. Es gilt, diese Blockaden abzubauen und an Prozessen zur Entfaltung des individuellen Potenzials wieder anzuknüpfen.
Beziehungen und Emotionen. Bewusstes Aus- und Erleben von Empfindungen, auch in kreativen und experimentellen Settings, legen verfestigte Verhaltensmuster und Dynamiken offen. Über die ständige Arbeit an den Wechselwirkungen zwischen der Person und seinem Umfeld gelingt es dem Patienten mit der Zeit, diese Beziehungen bewusster zu erleben und selbst zu gestalten.